Sirius - Wie alles begann ...

Vorsicht, Jö-Alarm! Und vielleicht brauchst du auch ein Taschentuch ...

Heute erzähle ich dir von meiner Rettung. Es war ganz viel Glück im Spiel. Man könnte sagen: Zufall. Man könnte aber auch sagen: Viel Klugheit und ein riesiges Herz auf der anderen Seite.

Meine sechs Geschwister und ich kriegten damals gar nicht mit, was da von sich ging. Wir dämmerten mit geschlossenen Augen vor uns hin. Willst du mehr wissen? Dann lass dich hier und jetzt entführen nach Griechenland, in die Nähe von Thessaloniki, grob gesagt.

Herbst 2022. Der Oktober schwappt schon fast in den November über. Die Saison ist vorbei, der Campingplatz verlassen. Eine erfahrene Schweizer Tierschützerin reist gerade mit ihrem Mann durch Griechenland. Sie macht beim Campingplatz ein Päuschen.

Und jetzt kommt meine Mama ins Spiel. Meine Mama hat bemerkt, dass die Touristen verschwunden sind. Und mit ihnen die Essensreste, die Krumen, die Salamischeiben. Ihr Magen knurrt. Dünn ist sie geworden. An manchen Stellen sieht man die Haut, wo eigentlich Fell glänzen sollte. Sie macht sich auf die Suche nach irgendetwas, das ihren Magen füllen könnte, wenigstens zu einem Fünftel. Schliesslich hat sie sieben Junge zu versorgen. Auch wir haben Hunger, die ganze Zeit.

Meine Hundemama in Griechenland.

((Meine Mama in Griechenland.)) 

Die Tierschützerin sieht die knochige Hündin mit den kahlen Stellen und den vergrösserten Zitzen und denkt: Oha. Da müssen irgendwo Hundekinder sein. Sie holt Futter und Wasser hervor.

Meine Hundemama denkt: Die sieht freundlich aus. Sie will mir bestimmt nichts Böses. Und wer weiss ...

Sie verschlingt das Futter und trinkt das Wasser bis zum letzten Tropfen.Dann schaut sie die Unbekannte an, entfernt sich ein paar Schritte, legt sich hin.

Aber nur, um kurz darauf das Ganze zu wiederholen: Sie steht auf, entfernt sich einige Schritte, legt sich hin.

Die Tierschützerin hat in ihrem Leben schon zahllose Hunde gerettet, inklusive der drei, die heute mit ihr Leben. Sie versteht die Hundesprache. Sie begreift sofort, was meine Mama ihr sagen will: Komm mit, folgte mir.

Sie geht mit. Meine Mama führt sie zu einem Camper. Er befindet sich im Winterschlaf. Unter dem Camper ist ein weiss-braun-schwarzes Knäuel zu sehen. Wir.

Bereits sind die Nächte empfindlich kühl. Der erste Frost hat schon Hallo gesagt. Wir liegen auf dem nackten, kalten Boden. Und meine Mama ist mager. Unsere Retterin ruft sämtliche Tierheime in der Umgebung an. Keine Chance, uns da unterzubringen – sie sind voller als voll, und eine ganze Hundefamilie mit Welpen, die erst einige Tage auf dieser Welt sind, kann erst recht niemand aufnehmen.

Doch zum Glück gibt es Facebookgruppen. Und dort hundefreundliche Menschen und sogar solche, die sich in Griechenland mit Hunden auskennen.

Und so trifft ein Tipp bei unserer Tierschützin ein: Frag mal bei der Tierklinik in der Nähe. Tatsächlich. Das Leiterehepaar der Klinik erklärt sich bereit uns alle temporär zu versorgen und aufzupäppeln. Samt Mama werden wir in den Camper unserer Retterin gepackt und fahren Richtung Tierklinik, Richtung Wärme, Medizin und Futter – tschüss, du kalter Boden, byebye Hunger.

Das erste Bild von mir, in der Klinik.

((Mein erstes Foto in der Tierklinik.)) 

Freundinnen und Freunden spenden in Windeseile Geld, damit die medizinische Versorgung  gesichert ist. Und sie geben uns allen einen Namen. Deshalb heisse ich Sirius, das bedeutet Hundsstern. Der Hundsstern ist der hellste Stern am Himmel. Vielleicht, weil ich so weiss leuchte.

Zurück nach Griechenland, in die Tierklinik. Denn dort ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Die Tierschützerin weiss genau, dass eine Platzierung für Strassenmischlinge in Griechenland schwierig bis unmöglich werden könnte, angesichts der überfüllten Tierheime erst recht. Also startet sie in einer grossen Schweizer Gratiszeitung einen Aufruf.

Meiner Menschenmama sprang die Geschichte sofort ins Auge. Mein Bild. Sie wusste sofort: Den will ich. (Übrigens musste sie sich regelrecht um mich bewerben und dafür gefühlt 100 Fragen beantworten.)

Weisst du, was das Verrückte ist? – Sie suchte eigentlich wieder einen schwarzen Labimix. Wieder ein Weibchen. Und dann hat sie sich zum Glück in mich verliebt, in den weissen Rüden.

Davon hatte ich keine Ahnung, als ich zusammen mit meinen Geschwistern und meiner Mama die Tierklinik unsicher machte und das super nette Team bei Laune hielt. Meine Mama war der Star dieser Klinik! Alle mochten sie, und sie, sie mochte die Menschen. Wir Kleinen hatten uns, wir tollten nach Feierabend unter den Behandlungstischen hindurch, jagten uns gegenseitig, spielten Fangen, kugelten über den Boden und hatten ziemlich viel Spass mit den Angestellten, die mit uns allerlei Schabernack trieben.

 

Mein griechischer EU-Pass

((Mein griechischer EU-Pass))

Doch eines Tages – falsch, eines Nachts – war es damit vorbei. Unsere Reise in die Schweiz begann ...

Davon erzähle ich dir das nächste Mal mehr.

Ich zeige dir nur noch kurz, wie gross ich bei meiner Ankunft mit vier Monaten war:

Mit 16 Wochen, einen Tag nach der Ankunft in der Schweiz.

Und heute ... bin ich doppelt so alt und meine Schweizer Mama meint, etwa dreimal so gross. Aber jetzt ist fertig geplaudert.

Ich freue mich, wenn du nächstes Mal wieder mitliest!

Gruss und Schlabberkuss,

von deinem Sirius

 

 

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